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13/07 Schweden: Intensive Milchproduktion mit besonderen Auflagen

Jahreskongress der European Dairy Farmers in Falkenberg mit 400 Teilnehmern

Die schwedische Milchproduktion ist durch ein besonders intensives Produktionssystem gekennzeichnet. Mit einer durchschnittlichen Milchleistung von 9.500 kg je Kuh haben die schwedischen Milcherzeuger die höchsten Milchleistungen in Europa. Gleichzeitig unterliegen sie strengeren Auflagen hinsichtlich Tierwohl und Fütterung als viele ihrer EU-Kollegen und haben besondere klimatische Herausforderungen. Seit Jahrzehnten geht die Milchproduktion in Schweden deshalb zurück. Nun besteht Hoffnung, die Talsohle erreicht zu haben. Auf dem Jahreskongress der European Dairy Farmers überzeugten sich 400 Teilnehmer aus der Branche von den Chancen und Herausforderungen der schwedischen Milchproduktion.

Schweden ist ein sehr heterogenes Land. Auf Grund seiner enormen Nord-Süd-Ausdehnung von über 1.500 km variieren die klimatischen Bedingungen innerhalb des Landes weit mehr als in anderen europäischen Ländern. Nord- und Südschweden unterscheiden sich allein in der durchschnittlichen Jahrestemperatur um 10°C. Im Norden liegen die Temperaturen dabei durchschnittlich unter dem Gefrierpunkt. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Stallbauweise, sondern auch Auswirkungen auf den Futterbau, da die Vegetationsperiode sehr unterschiedlich ist. Die niedrige Bevölkerungsdichte führt insbesondere in Nordschweden zu logistischen Herausforderungen. Nicht umsonst befindet sich der „schwedische Milchgürtel“ in Südschweden, erläuterte Jonas Carlberg (Dairy Sweden). Dort wird auf 20 % der Fläche 70 % der schwedischen Milch produziert.

Die 4.800 Milcherzeuger produzierten in 2012 insgesamt 2,8 Milliarden kg Milch. Dies entspricht etwa einem Zehntel der deutschen Milchproduktion. Schwedens Milcherzeuger halten knapp 350.000 Milchkühe. Die Hälfte dieser Tiere wird in Anbindeställen gehalten, berichtete Jakob Söderberg (Växa Schweden). Die durchschnittliche Herdengröße liegt bei 70 Tieren je Betrieb. Weniger als 20 % der Betriebe hält mehr als 100 Milchkühe. Schweden hat strenge Hygienevorschriften, die einen hohen Gesundheitsstatus der Herden garantieren sollen. Auf der anderen Seite behindern die Regelungen zum Transport und zur Eingliederung der Tiere den Verkauf/Kauf von lebenden Tieren in Schweden. Die Betriebe wachsen deshalb in erster Linie auf Basis der eigenen Nachzucht.

Vor dem Eintritt in die EU 1995 hatte Schweden einen garantierten Milchpreis, der es den Milcherzeugern besser als heute ermöglichte, Investitionen in teure Gebäude und Technik zu realisieren. Isolierte Ställe und ein hoher Automatisierungsgrad führen zu einer hohen finanziellen Belastung. Deshalb benötigen schwedische EDF-Betriebe heute auch etwa 5 ct pro kg Milch mehr als ihre europäischen EDF-Kollegen. Auch wenn diese Daten des EDF-Produktionskostenvergleichs nicht repräsentativ für das Land sind, zeigen sie doch die Herausforderungen der schwedischen Milcherzeuger. Die Milchpreise lagen im letzten Analysezeitraum nicht einmal 3 Cent über dem Milchpreis der europäischen Kollegen, wie Erik Engelbrekts von Växa Schweden den Teilnehmern schilderte.

Fast drei Viertel der schwedischen Milch wird von der Molkereigenossenschaft Arla verarbeitet, die sich in den letzten Jahren zu einem internationalen Unternehmen entwickelt hat. In sechs Ländern erfasst Arla Milch und verkauft die Produkte in über 100 Länder der Welt. Peter Tuborgh, Geschäftsführer von Arla Foods erwartet auch künftig eine weitere Konsolidierung im Verarbeitungsbereich. „Molkereiunternehmen, die zu groß für eine Nischenproduktion sind, aber zu klein, um auf dem internationalen Markt mitspielen zu können, werden über kurz oder lang scheitern“, so Tuborgh auf dem Kongress der European Dairy Farmers. Finanzielle Stärke, Kompetenz und eine ausreichende Menge an hochqualitativem Rohstoff seien, seiner Einschätzung nach, der Schlüssel zum Erfolg.

Neben zahlreichen Fachvorträgen über die schwedische Milcherzeugung konnten die Teilnehmer auch die neuesten Ergebnisse des EDF-Produktionskostenvergleichs und des EDF-agri benchmark Snapshots erfahren. Die ökonomischen Analysen bestätigen die schwierige Lage der Milcherzeuger in Europa im vergangenen Jahr. Durchschnittlich konnten die Betriebe keinen positiven Unternehmererfolg verzeichnen. Es zeigte sich jedoch auch erneut die große Diversität der Milchviehbetriebe innerhalb eines Landes aber auch in der gesamten europäischen Gruppe der knapp 300 teilnehmenden Milchviehbetriebe. In jedem Land und jedem Produktionssystem gab es Betriebe, die durchaus in der Lage waren, einen positiven Unternehmergewinn zu erzielen. Die Bedeutung der Arbeitseffektivität wurde besonders diskutiert. Hier arbeiten die European Dairy Farmers an einer neuen Methode zur Analyse, die Milcherzeugern künftig eine bessere Hilfestellung sein soll. Die hohe Arbeitsbelastung in der Milchviehhaltung sehen die Teilnehmer des EDF-agri benchmark Snapshots als einen zentralen Nachteil der Milchproduktion gegenüber anderen Betriebszweigen. Dennoch würden sich 80 % der rund 200 Teilnehmer wieder für die Milchproduktion entscheiden. Die Leidenschaft für die Milcherzeugung überwiegt. Darüber hinaus spielen auch das betriebliche und familiäre Traditionsbewusstsein eine wichtige Rolle.

Der nächste Kongress findet Ende Juni 2014 in der Schweiz statt. Auf www.dairyfarmer.net erhalten Sie weitere Informationen.

In sechs schwedischen Betrieben konnten sich die Teilnehmer von den Kernelementen der schwedischen Milcherzeugung überzeugen: hohe Milchleistungen bei hohem Kraftfuttereinsatz, winterfeste Gebäude und ein hoher Automatisierungsgrad.

Mitten im schwedischen Milchgürtel in der Region Halland fand der diesjährige EDF-Kongress mit 400 Teilnehmern statt. Milcherzeuger und Vertreter der Branche diskutierten intensiv während der Workshops und Betriebsbesuche über die aktuellen Entwicklungen der Milchproduktion in Europa – nicht nur in Schweden. Organisiert wurde der diesjährige Kongress von der schwedischen Partnerorganisation der European Dairy Farmers von VÄXA Sverige.

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